Ent - Täuschung

 

 

 

Mir fällt nichts ein!

Ob zum Schreiben für eine neue Geschichte, Studieren oder Lösen meiner Belletristikaufgabe, zur freien Zeit, die mir reichlich zur Ver­fügung stünde, wenn ich nur wollte oder zur Vielfalt des Kochens, denn mein Magen knurrt entsetzlich.

Habe ich doch eben erst gegessen. Wahrscheinlich murrt er eher des trüben Tages wegen und der schweren Gedanken in meinem Kopf.

Auch wenn die Sonne jetzt blinzelt und die schwarzen Borkenarme vor dem Fenster im goldenen Flimmer zu mir herüber winken, pruste ich gen Himmel:

„Denkste, Fräulein, so geht das aber nicht! … Mal Hü, mal Hott, ... und dette ... det janze Jahr schon, ... verulkste de Welt.“

 

Und dabei drifte ich gehörig in den Berliner Jargon ab.

 

„Lass dir nich täuschen!“, meldet sich der Nante in mir.

 

„Der Schein trügt“, vibriert die Fensterscheibe.

 

„Na klar, jetze holste dir och noch Verstärkung“, lamentiere ich und frage, „Und, wie siehts aus, ... so mit dem Schein, ... so ma janz realistisch jesehen?“

 

„Gute Frage! Nächste Frage!“, prasseln plötzlich riesige Eiskörner wie im Heeresgebrüll gegen die Scheibe.

 

„Ma wieder typisch ...", wende ich mich ab, „ ... allet muss ick alleene machen, ... sojar det Philosophieren!“

 

 

 

Doreen Malinka

 


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Kommentare: 2
  • #1

    E.Rasmus (Montag, 04 Februar 2013 19:00)

    Verlorene Sprache

    Gewinn des Wortes: Wissenschaft.
    Kunst wie Genuss in Wohlgestalt.
    Wo Geist jedoch in Einzelhaft,
    Bleibt Phönix liegen, schlaff und kalt.

    Gewalt von Wirtschaftsmachtbegierde
    Ließ jeden Laut erfrier'n im Mund,
    Am Ende gaben Form und Zierde
    Zerbrochen, seelenlos sich kund.

    Wenn, ach, die Sprachgewalt versieget,
    Ist auch das Denken schon dahin.
    Ob unter all den Trümmern lieget
    Der einzig menschliche Gewinn?

    Jetzt steigt nur Rauch noch in die Lüfte.
    Kein Vogel mehr, gesandt zur Ehr',
    Erhebt sich über tiefe Klüfte
    Aus Salz vom einst'gen Tränenmeer.

    Der Rauch da aus dem Kratermeer,
    Des Menschen Nachlass, quälend stumm,
    Sagt nicht, wo kam die Sprache her.
    Nur Geld liegt überall herum.

  • #2

    doreenmalinka (Montag, 04 Februar 2013 21:21)

    Hallo, lieber E.Rasmus,

    ich danke Dir, dass Du einen so tiefblickenden Kommentar hinterlassen hast.
    Ja, die verlorene Sprache ist eine „Ent-Täuschung“ und ein Erwachen zugleich und erfordert „Um-Denken“.
    Dein Gedicht spiegelt eine wertvolle, treffende Sicht der Umstände und der wichtigen Erkenntnis wider: Ist die menschliche Sprache, ob verbal oder nonverbal, erst verstummt, wie sollte sie auch ihren Ursprung in Erfahrung bringen, wenn das einzige Augenmerk nicht auf ihren Reichtum gerichtet ist, sondern auf die Fülle der Münzen rundherum.

    Wem nur könnte Reichtum oder Fülle dann nutzen?

    Wie auch für den Einzelnen sich „Ent-Täuschung“ darstellen möge, sie entpuppt sich im Laufe der Geschehnisse, wie die Larve zum Schmetterling, selbst wenn Phönix noch schlaff in der kalten Asche liegen bliebe.
    Letztendlich folgt dem Tod der Neuanfang, die Wiedergeburt, denn beide bedingen sich einander.

    Mit den besten Grüßen

    Doreen