April, April, ...

      ... weiß er, was er will ?

 

   

  Erst  Istanbul  und  dann  April



„Brrrr … “, schüttle ich mich, als hätte ich in eine Zitrone gebissen. Mich fröstelt es. Ein kühler Luftzug schleicht über meinen Nacken; wie ein Kragen umschlingt die Kühle meinen Hals und erstreckt sich Stück für Stück bis zu den Zehen. Ich sitze im Armlehnstuhl unseres Arbeits­stübchens und habe mich in Peters Kuscheldecke eingewickelt. Die Heizkörper bullern, dass sie ächzen. Ich beuge mich über das Schreibpult, stütze die Ellenbogen darauf und spiele an den Ohrläpp-chen. ‚Oh je, die glühen ja. Hab ich Fieber?’ 

Sofort ertaste ich Kinn und Nase.

„Och, nee, das fehlt mir gerad noch!“, schmolle ich und zittere, zittere im Halbdunkel des Zimmers vor meinem Bildschirm und warte bis der alte Maschinenkumpel ein-satzbereit ist. 


 

Es dauert immer ein bisschen.

Endlich meldet er brav: „Sie haben Post.“

Ich klicke auf das Briefsymbol. Unterdessen schweift mein Blick durch den Raum zu den Fenstern. 

Draußen verteilt die Sonne Wärme an die Welt und küsst die Fens-terscheiben blank. Sie liebkost das hohe Mauerwerk mit dem grauen Ziegeltoupet und umgarnt die schwarznarbige Borke des einzigen Kastanienbaumes davor. Wie unersättliche Langfinger gieren seine kahlen Äste nach der blauen Weite.

Schade, mich spart das Fräulein aus. So starre ich auf den Monitor und sehne mich nach Streichel-einheiten.

„Brrrr … “, bibbere ich, dass meine Zähne klappern. 

 

 


 

 

Drum ziehe ich die Decke über die Schultern und male mir aus, mich in meine dicke Wolltunika zu hüllen, um auf den Frühlingswiesen des Stadtparks entlang zu bummeln und einen `Einspänner´ im `Allbrecht´ zu genießen.

Hoppla, was ist das? Der Wind prasselt gegen die Fensterläden, und ich zweifle, ob mein Vorhaben das richtige ist. Also verwerfe ich die Idee und denke an ein wohltemperiertes Wannenbad mit Aromaölen, die mich in Wallung brächten.

„Och nee, krank bin ich“, quengle ich, „krank nach dir!“, und blicke auf den Schirm, dessen Maske eigenartig flimmert. „Nee, doch nicht du“, maule ich.

Prompt stürzt das digitale Wunder ab. Ich schalte es aus, ich schalte es ein und warte …

 

 

 


Und tatsächlich, der Brummkopf läuft an. Erneut schreibe ich mein Passwort.

„Sie haben Post“, erinnert er mich.

In diesem Moment klingelt es an der Wohnungstür.

„Keiner da!“, trotze ich und wünsche mich zu meinem Peter nach Istanbul. Wehmütig ergreife ich den Silberrahmen auf dem Schreibtisch und betrachte unser Hochzeitsfoto.

Dann klopft und klingelt es im Wechsel, laut und stürmisch. Ich murre und eile, öffne die Tür und rufe:

„Peter, duuu?“

„Ja, April, ich habe doch keinen Schlüssel“, umarmt er mich und fispert, „Aprilchen, mein Liebes, wie gut, dass du meine Nachricht gelesen hast.“

Doreen Malinka

 

 


   

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